Schon seit geraumer Zeit war es ein Ziel der SpielerInnen der Nationalmannschaft einmal an einem internationalen Turnier teilzunehmen und sich mit anderen Mannschaften aus Europa zu messen. Zahlreiche SpielerInnen der Gruppe waren sehr reiseerfahren. Sie wussten über das gewöhnliche Prozedere Bescheid, das angewandt wird, wenn Menschen mit Behinderung mit dem Flugzeug vereisen.
Keiner war jedoch bisher in einer so großen Gruppe mit dermaßen vielen Elektrorollstühlen verreist. Aufgrund von persönlichen Erfahrungen in der Vergangenheit waren viele sehr skeptisch was den positiven Ausgang dieses Unternehmens betraf. Das Abenteuer „Sevenoaks“ (im August 2016) wurde dennoch gewagt.
Die gesamte Gepäcksliste
Die österreichische Delegation am Developmentturnier in Sevenoaks/England umfasste 19 Personen. 7 Spielerinnen, 8 Persönliche Assistentinnen, 2 Trainerinnen, 1 Techniker und 1 Schiedsrichter. 19 Personen, die viel Gepäck benötigen.
Zum Reisegepäck der Gruppe zählten neben 19 Koffer und Reisetaschen, das persönliche Handgepäck jeder einzelnen Person, 7 Sportrollstühle, 7 mechanische Rollstühle, ein Hebelifter, ein Beatmungsgerät, 7 Fußgitter, ein Werkzeugkoffer und ein Fahrrad.
Die Hoffnung war, das diese 1350 kg Gepäck vollständig und ohne Schaden in Sevenoaks ankommen und nach dem Turnier ebenso unbeschadet in Wien eintreffen wird.
Kontakt mit der Fluglinie
Bereits Wochen vor der Reise wurde Kontakt mit der Fluglinie aufgenommen. Der Fluglinie wurden alle notwendigen Informationen übermittelt. Beispielweise die Anzahl, das Gewicht, der Typ und die Masse der Rollstühle.
Fragen wie „Wird eine Gelbatterie oder Nassbatterie verwendet?“ und „Wird das Beatmungsgerät während des Fluges verwendet?“ wurden an uns gerichtet und von uns beantwortet.
Die Austrian Airlines sicherte uns zu, dass die gesamte Gruppe gemeinsam fliegen könne. Sie ermöglichte uns außerdem einen Großteil des Gepäcks bereits am Vortag der Abreise am Flughafen Wien Schwechat einzuchecken um Chaos und unnötige Wartezeiten am nächsten Tag zu vermeiden.
Alle Elektrorollstühle sowie die Gitter wurden also bereits am Vortag sorgfältig verpackt, die Sicherungen der Elektrorollstühle entfernt und am Großgepäck schalter abgegeben.
Abreisetag
Am Dienstag, den 16. August, unserem Abreisetag, versammelten wir uns gemeinsam 2,5 Stunden vor Abflug am ausgemachten Treffpunkt für Menschen mit Behinderungen des Terminals A am Flughafen Wien Schwechat.
Bedienstete des Flughafens holten uns dort ab und begleiteten uns durch das Labyrinth des Flughafens. Gemeinsam ging es vom Check in, zur Passkontrolle und schließlich zum Boarding. Bei all diesen Stationen verhalf uns die Begleitung zu einem besonders raschen Durchkommen. Manchmal kam es aber trotz unserer Sonderbehandlung zu längeren Wartezeiten, denn manche Lifte am Flughafen hatten nur ein Fassungsvermögen für einen Rollstuhl und einer Begleitperson.
Generell kann festgehalten werden, dass die Bediensteten des Flughafens enorme Ruhe und Kompetenz ausstrahlten, die Gruppe zusammenhielten, und uns das Gefühl gaben, das alle klappen würde. Eine lustige Begebenheit war, als ich bei der Sicherheitskontrolle angab, dass eines der Handgepäckstücke ein Beatmungsgerät sei. Die Mitarbeiter des Securitychecks haben mich anscheinend falsch verstanden, denn sie fragten mich was ein Beratungsgerät sei.
Wir durften als erste das Flugzeug betreten. Pünktlich hob die Maschine Richtung London ab. In London wurden wir, wie gewohnt, als letzte aus dem Flugzeug geholt. Alle RollstuhlfahrerInnen wurden vom Sitz in den Bordrollstuhl gesetzt und aus dem Flugzeug gebracht.
Direkt vor dem Flugzeug standen bereits unsere mechanischen Rollstühle. Lediglich die Sitzschale eines Rollstuhls war für 20 Minuten abgängig. Bei den Gepäcksbändern konnten wir dann unser restliches unbeschadetes Gepäck entgegennehmen. Hilfe beim Transport des Gepäcks und Schieben der Rollstühle wäre zwar nötig gewesen, wäre aber nur gegen Bezahlung erfolgt.
So mussten sich jene RollstuhlfahrerInnen die in der Lage waren sich irgendwie vorwärts zu bewegen, abmühen um die wenigen Meter zum Ausgang alleine zurückzulegen, anderen hängten sich bei mobileren RollstuhlfahrerInnen an und die AssistentInnen mussten jeweils einen übervollen Gepäckswagen vorne schieben und einen anderen hinter sich herziehen.
Ein mehrmaliges Hin- und Hergehen von den Gepäcksbändern zum Ausgang wurde uns trotz Erklärens der Situation strikt untersagt.
Transport vor Ort
In der Ankunftshalle wurden wir dann bereits von den Organisatoren des Turniers erwartet. Mit drei Kleinbussen wurden wir nach Sevenoaks gebracht. Oberste Priorität hatte stets die Sicherheit.
So wurden alle Rollstühle gut gesichert und angegurtet. Mit den gleichen Bussen wurden wir auch täglich von unserem Quartier in die Sporthalle gebracht. Auch dieser Transport verlief stets reibungslos.
Rückreise
Da wir bei der Rückreise von London Heathrow nach Wien Schwechat die Rollstühle nicht am Vortag einchecken konnten, planten wir dementsprechend viel Zeit für das Einchecken ein.
Mehr als 3 Stunden vor Abflug waren wir bereits am Schalter. Anfangs schien alles wie am Schnürchen zu laufen. Wir verpackten nach Anweisung alles Gepäck und vollzogen den Check in als es plötzlich kurz vor Boardingtime hieß, dass alle Rollstühle für eine Sicherheitskontrolle wieder auspackt werden müssen.
Da die Boardingkarten bei den Rollis bleiben mussten, konnte niemand durch die Sicherheitskontrolle zum Flugzeug gehen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt brach Hektik bei uns und beim Flughafenpersonal aus. Die Gruppe wurde getrennt, Toilettenbesuche waren nicht mehr möglich, Assistenten mussten sich um das neuerliche Verpacken der Rollstühle kümmern, während sich ihre AssistenznehmerInnen in die Hände von anderen Personen geben mussten um rechtzeitig, das Flugzeug zu erreichen.
Im Endeffekt hob das Flugzeug wegen Falschinformationen, durch Unwissen der am Flughafen arbeitenden Menschen, fehlende Kommunikation der unterschiedlichen Abteilungen untereinander und schlechte Organisation mit einer Stunde Verspätung ab. Wir kamen aber gut in Wien an und auch unser Rollstühle blieben heil.